Wer beispielsweise von seinen Großeltern zu  verschiedenen Anlässen wie Geburtstagen, Hochzeiten usw. eine Karte geschenkt bekommen sollte, stellt fest, dass die Schrift oder teilweise die Buchstaben sich von unserer heutigen Schrift irgendwie unterscheiden. Was macht dieser Bogen über dem „u“ oder warum ist das „G“ so geschwungen? Im Endeffekt sind diese handschriftlichen Aneignungen Relikte einer früheren Schreibform. Genauso verhält es sich mit älteren Briefen, Feldpostkarten, Tagebüchern oder Kochrezepten. Diese Schriften, welche unsere Großeltern noch erlernen mussten, tragen den Namen Kurrent - und später Sütterlinschrift. 1941 von den Nationalsozialisten abgeschafft, hatte sich die Sütterlinschrift sogar erst seit den 1920iger Jahren etablieren können.

Fälschlicherweise wird die Kurrentschrift oft mit der Sütterlinschrift gleichgesetzt. Erstere existierte jedoch lange Zeit vorher und nahm im 19. sowie Anfang des 20. Jahrhunderts als Verkehrsschrift einen zentralen Platz ein. Die 1941 abgeschaffte Sütterlinschrift bezeichnet eine reformierte Schrift, die 1911 von ihrem Namensgeber Ludwig Sütterlin (1865-1917) im Auftrag des preußischen Kultus- und Schulministeriums entwickelt wurde. Um den Kindern das Schreiben der „verschnörkelten“ und kursiven Kurrentschrift zu erleichtern, die außerdem durch die damaligen Schreibgeräte schwer zu schreiben war, verloren die Kurrentbuchstaben ihre Ober- und Unterlängen sowie ihre kursive Ausrichtung.  

Für denjenigen, der schon immer einmal wissen wollte, was in den älteren Briefen seiner Großeltern steht, der kann sich gern an mich wenden!


Varianten der Transkription


Variante A

 

einfache Wiedergabe des im Text vorkommenden Inhalts

 

Erbschein, 27. September 1907

 

Das Nachlassgericht Meißen bescheinigt, dass die Witwe Amalie Friederike Richter die alleinige Testamentserbin ihres verstorbenes Mannes, dem Maurer Friedrich Julius Richter, ist. Dieser war am 10. März 1907 verstorben.

 

 


Variante B

zeilengetreue Wiedergabe des Textes

keine Anpassung an die heutige Rechtschreibung und Grammatik

 

 

 

 

Breslau, den 25. Juli 1919.


Meine liebe Ida!

 

Nimm dies noch als Verlobungs.

geschenk, liebste Ida. Vor lauter

Nachdenken und Überlegen hat es

so lange gedauert. Zur Hochzeit

aber möchte ich dir was Nützliches

schenken. Du mußt mir eine

ganze Reihe Wünsche aufzählen.

Ich treffe dann eine Auswahl, was mir am besten für dich geeignet

erscheint!

Du bist also nun wirklich

Braut. Was du bloß alles gegen mich voraus hast!

Herzlichst grüßt dich

deine

Martha

 


Variante C

Korrekturen des Schreibers wie Streichungen werden vernachlässigt

Anpassung an die heutige Rechtschreibung und Grammatik

Zeilenumbrüche oder Worttrennungen werden vernachlässigt

 

"Pflege des Säuglings

Die erste Grundbedingung in der Säuglingspflege ist peinliche Sauberkeit. Nicht nur in der Besorgung des Kindes, sondern auch an sich selbst. Die Pflegerin hat stets wasch- und kochbare Sachen zu tragen. Die Nägel sind kurz zu schneiden und jeglicher Schmuck ist bei der Arbeit abzulegen. Als nächstes muss die Pflegerin eine gute Beobachtungsgabe besitzen, jede kleinste Veränderung am Kind muss sie sehen können [...]."

um 1940